Interview mit Harry Haug

Harry Haug geht in seine zehnte Saison als  Coach des TSV Buch. Mit seiner menschlichen Art und hervorragender fußballerischen Fachkompetenz führte er den TSV aus der Kreisliga A bis in die Landesliga. Wir sprechen mit ihm über die neue Saison, den Verlust von zwei Leistungsträgern und warum der TSV mit vielen jungen Spielern auf dem richtigen Weg ist.

Harry, was überwiegt: Die Vorfreude auf die neue Saison oder die Sorge vor dem harten zweiten Jahr als Aufsteiger?

Die Freude überwiegt in jeden Fall, Sorgen mache ich mir nur wenige, Denn was kann uns schlimmstenfalls passieren? Außer, dass sich die Mannschaft wieder einen Schritt weiter entwickelt und die ganz jungen Spieler sehr viel dazulernen, da sie mindestens ein Jahr auf Landesebene spielen und außerdem auf sehr hohem Niveau mit gestandenen und charakterfesten Jungs trainieren dürfen. Alles in Allem haben wir rein gar nichts zu verlieren, sondern können nur von der sportlichen Situation profitieren und wir werden wie immer jedes einzelne Spiel genießen und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu sammeln, den einen oder anderen zu ärgern und natürlich möglichst den gesamten Kader auf Landesliga-Niveau zu bringen. Schau mer mal, wo wir in ca. 12 Monaten stehen.

Der TSV beendete die vergangene Saison mit einem Torverhältnis von 57:59. Wo siehst du den größeren Nachholbedarf: In der Offensive oder Defensive?

Was heißt Nachholbedarf? Wir schießen relativ viele Tore, zudem spielen wir noch massig Chancen heraus. Wir sind ein offensives und angriffslustiges Team. Die vielen Gegentore sind somit auch unserer Ausrichtung geschuldet. Aber  wir greifen im Kollektiv an und verteidigen auch darin. Das Ziel muss also  lauten: noch kreativer und effizienter angreifen und besser verteidigen bzw. die Arbeit gegen Ball und Gegner zu optimieren und die individuellen Fehler zu minimieren. Ergo: Der Entwicklungsprozess hört nie auf – wir müssen uns ständig in allen Bereichen verbessern und durch Fleiß, Mentalität, gepaart mit absolutem Teamgeist jedes Einzelnen, uns weiter nach vorne bringen, dann werden wir erfolgreich sein. Wie man schlussendlich Erfolg definiert, ist Sache eines jeden selbst – für mich hängt dieser jedoch nicht allein von einer Tabelle ab.

Wie wird das Offensivspiel, ohne die individuelle Klasse von Markus Bolkart aussehen?

Mit Sicherheit etwas anders! Nein im Ernst – natürlich fehlt uns diese Qualität in der kommenden Saison. Markus war unbestritten der beste Spieler auf seiner Position in der Landesliga und ich wünsche ihm von ganzem Herzen, dass er den Sprung in die Regionalliga schafft. Er hat es jedenfalls drauf. Wir werden versuchen, die Lücke durch andere und junge Spieler zu schließen, das liegt logischerweise in der Natur der Sache. Ich begreife es als Chance, unser Spiel etwas anders zu strukturieren und flexibler zu gestalten. Die Verantwortung wird jetzt  auf mehreren Schultern verteilt sein. Meine Erfahrung als langjähriger Trainer hat mich aber gelehrt: Es kommt immer wieder etwas nach und vielleicht geht ein neuer Stern auf oder ein alter glüht wieder. Eins ist aber sicher – wir haben viele Jungs, die richtig was drauf haben und noch lange nicht an ihrem obersten Limit angekommen sind. Der eine oder andere wird hoffentlich explodieren.

Mit Markus Bolkart und Roland Salger fehlen nun zwei Leistungsträger, sind diese zu kompensieren?

Zu Markus habe ich mich ja bereits in der vorherigen Frage geäußert aber außer dem sportlichen Verlust fehlt er natürlich auch als Vorbild und Leitfigur für die jüngeren Spieler. Trotzdem denke ich, dass er in Sachen Einstellung und Körperbewusstsein genügend hinterlassen hat, an dem sich viele orientieren können. Die Lücke von Roland zu kompensieren, scheint eigentlich unmöglich. Kaum ein anderer verkörpert den TSV Buch mehr als er. Sein ganzes Leben hat er für diesen tollen Verein gespielt und vor allem gelebt. Aber er ist ja auch Gott sei Dank nicht ganz weg, sondern tritt eben nach vielen Jahren etwas kürzer und hilft der zweiten Mannschaft beim Einbauen der nächsten Generation. Sicher ist er auch bereit in der Not auch mal bei der erste Mannschaft einzuspringen. In seine Persönlichkeit müssen dann halt andere hineinwachsen aber ich habe dieses Jahr schon beobachten können, dass ein paar Spieler sich ungemein entwickelt haben – eben auch in Sachen Verantwortung und Führung. Deshalb ist mir nicht bange. Auch diese Situation wird eine andere werden aber auch nicht unlösbar sein. So ist der Lauf der Welt – die alten gehen und junge wachsen nach.

Zwölf Spieler sind 23 Jahre oder jünger – ist die Mannschaft zu unerfahren?

Das wird man sehen. Frisches und junges Blut schadet aber mit Sicherheit nicht. Natürlich muss die Mischung stimmen und wir haben ja auch genügend erfahrene Spieler, an denen sich unsere Talente anlehnen können. Das soll auch so sein, weil sie dann völlig unbekümmert und frech auftreten können aber auch die wichtigen Dinge im Fussball, wie im sozialen Bereich, beigebracht bekommen. Ob wir dann am Ende zu unerfahren für diese Liga waren, hängt schließlich von der Geschwindigkeit unserer Entwicklung ab. Das wird zum größten Teil mein Job und der, der Routiniers sein, diese zügig voranzutreiben.

Es gibt immer wieder Stimmen, die der Meinung sind, es spielen zu viele ”Auswärtige” beim TSV. Wie siehst du diese Entwicklung?

Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: Diese Stimmen haben ihre Meinung nicht ganz zu Ende gedacht. Das ist für mich reine Polemik. Fakt ist, dass in beiden Kadern insgesamt 46 Männer zur Verfügung stehen, davon stammen richtigerweise 14 Spieler nicht aus Buch selber. Hätte man diese Jungs nicht, wäre ein geordneter Spielbetrieb mit zwei Mannschaften in Konkurrenz schlichtweg nicht möglich. Dazu gilt es zu beachten, dass hier nicht irgendjemand ”dazu gekauft“ wurde, sondern jeder einzelne sogenannte „Auswärtige“ freiwillig und sehr gerne zu uns gewechselt ist, bzw. seit vielen Jahren oder sogar schon seit der Jugend bei uns spielt. Das sind alles supernette und anständige Menschen, die den TSV ebenfalls leben und hochhalten – das muss auch mal gesagt sein. Jeder von ihnen hält genauso seine Knochen hin und hat es verdient,  respektvoll und ebenbürtig wie alle Anderen behandelt zu werden. Für mich ist jeder, der für unsere Farben kämpft, ein Bucher. Ganz egal, wo derjenige herkommt. Ich sehe diese Entwicklung also schlussendlich als positiv und ebenso ganz normal an. Wenn man im Bezirk schaut, wieviele Spielgemeinschaften es mittlerweile gibt, die auch vor ganzen Städten nicht Halt machen, dann tut man gut daran, einem gewissen Zulauf wohl gesonnen gegenüberzustehen. Dies spricht am Ende eigentlich Bände über unserer Aller Arbeit, die wir in den Verein stecken und Spieler gerne zu uns kommen wollen. Natürlich wird auch die Entwicklung der Eigengewächse nicht stocken – im Gegenteil: Niemandem wird etwas genommen oder gar blockiert, sondern durch die hohe Anzahl an jungen, talentierten Fussballern steigt das Niveau jedes Einzelnen – wenn er bereit dazu ist.

Im Durchschnitt standen in der letzten Saison mindestens acht ”Bucher” in der Startelf. Wie wichtig sind neue Spieler von anderen Vereinen für den TSV?

Sie sind elementar, weil uns die Demographie die Richtung vorgibt. Viele werden sich erinnern, als vor einigen Jahren die Fussballabteilung bzw. die aktiven Mannschaften kurz vor dem Aus standen. Dies passiert sehr vielen Vereinen immer häufiger, wie nur unschwer durch die ganzen SGM`s zu erkennen ist. Deshalb halte ich es für natürlich sehr wichtig, immer die Augen und Ohren offen zu halten. Heißt: Die eigene Jugendarbeit konstant und nachhaltig zu betreiben, aber auch gezielt neue Spieler im aktiven Bereich einzubauen, weil eben nicht mehr so viele Jungs nachkommen und sie auch nicht für immer ihrem Heimatverein treu bleiben.

Fazit: Es stehen immer 11 Bucher in der Startelf – weil mit nur „acht“ gewinnen wir kein einziges Spiel !!!

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